Zahlreiche Gäste fanden am Montagabend Ende Oktober 2024 den Weg ins Kino Le Paris am Zürcher Stadelhofen. Der Präsident des VMG, Stefan Holenstein, moderierte den Abend und führte ein Gespräch mit Regisseur Luka Popadić sowie zwei der Hauptprotagonisten. Im Anschluss an die Vorführung standen alle drei beim Apéro dem Publikum für Fragen und Diskussionen zur Verfügung.
Milizsystem als integrative Kraft
Der preisgekrönte Dokumentarfilm beleuchtet eindrucksvoll die Geschichten von Schweizern mit Migrationshintergrund, sogenannten Secondos, die in der Schweiz aufgewachsen sind und heute als Offiziere in der Milizarmee dienen. Saâd Dhif, Thuruban Tuchchathanan und Andrija Stojković sind in der Schweiz eingebürgert und leisten, wie viele andere, ihren Dienst.
Regisseur Luka Popadić, der selbst serbische Wurzeln hat und in der Schweizer Armee Hauptmann ist, betonte die lange Tradition der Integration innerhalb des Militärs: «Die integrative Wirkung der Armee ist jahrhundertalt. Sie hat schon immer Protestanten und Katholiken, Menschen aus urbanen und ländlichen Gebieten, Welsche und Deutschschweizer sowie Arbeiter und Akademiker zusammengebracht.» Für Popadić zeigt der Film, wie sich die Armee stets an gesellschaftliche Veränderungen anpasst und in jeder Epoche eine integrative Rolle spielt.
Die Armee verbindet alle Schweizer
Popadić erzählte auch, wie ihm der Militärdienst persönlich geholfen habe, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen. «Die Armee hat mir mehr Vertrauen gegeben als die Zivilgesellschaft.» Diese Erfahrung der Zugehörigkeit und Akzeptanz sei für ihn prägend gewesen.
Er wies darauf hin, dass Secondos im Militär und in der Politik nach wie vor selten hohe Positionen erreichen. Dennoch bleibt er zuversichtlich: Er glaubt, dass sich dies in spätestens 15 bis 20 Jahren ändern wird. In der Schweiz dauere es eben etwas länger, aber am Ende sei alles gut überlegt und funktioniere dann aber auch.
Popadić hofft, dass der Film nicht zuletzt dazu beiträgt, Spannungen und Ressentiments in der Gesellschaft abzubauen. Er hebt hervor: «Wir leben zusammen in diesem Land und wir können uns nicht immer einig sein, aber am Ende des Tages sitzen wir im gleichen Boot und am selben Tisch. Ich wünsche mir, dass das «Hässige» etwas weniger wird und mehr Versöhnung Platz findet.»
Ein besonderes Zeichen für den integrativen Charakter des Themas sieht Popadić auch darin, dass der Film an einem eher linken Festival – den Solothurner Filmtagen 2024 – den Publikumspreis gewann. «Dass Sympathisanten der GSoA, Alt-68er und der Chef der Armee im selben Saal sitzen und der Film diesen Preis gewann, zeigt wunderschön den integrativen Charakter des Themas resp. der Milzarmee.»
Engagement als Jungschützenleiter
Andrija Stojković, einer der Hauptprotagonisten des Films, hat ebenso wie Regisseur Luka Popadić serbische Wurzeln. Schon als Teenager kam er in Büren-Oberdorf in Kontakt mit dem Schiesssport und nahm am Jungschützenkurs teil. «Ich habe hier keine Ressentiments erlebt, ich war einer unter vielen», erinnert er sich. Heute ist er Jungschützenleiter in der SG Büren-Oberdorf.
Auf die Frage, ob viele Secondos bei den Jungschützen sind, antwortet Stojković: «Es gibt schon Secondos, aber das ist nicht das Thema.» Vielmehr stellt er fest, dass generell immer weniger junge Menschen Interesse am Schiessen zeigen. Als mögliche Ursache sieht er nicht zuletzt auch die politischen Rahmenbedingungen: «Während weltweit Krisen herrschen, wie zum Beispiel in der Ukraine, werden bei uns wegen Lärmbelästigungen ganze Schiessstände geschlossen.» Man könne nicht erwarten, dass Nachwuchs entsteht, wenn es immer weniger Schiessstände gebe. «Auch der Urschweizer, der seit Jahrhunderten hier ist, kommt dann nicht mehr», meint Stojković lakonisch.
Die Doku «Echte Schweizer» läuft nicht mehr in den Kinos. Zu sehen ist der Film auf dem Streamingdienst Apple TV.