Aus Schweizer Sicht darf man den Gewinn von Bronze im Teamwettkampf der Männer 3x40 getrost als historisch werten. Die Juniorinnen gewannen in derselben Disziplin Silber. In den nicht-olympischen Disziplinen durfte die Schweizer Delegation über vier Gold- zwei Silber und eine Bronzemedaille jubeln. Ein Wermutstropfen war der verpasste Quotenplatz von Jan Lochbihler für die Olympischen Spiele in Tokyo. Enttäuschend war die Bilanz der Schweizer an den 10m-Wettkämpfen: Kein Elite-Schütze schaffte es in einen Final.
Olympische Disziplinen
Gewehr 50m 3x40
Der Final Gewehr Team 50m 3x40 Männer liess die Herzen der Schweizer Schiesssport-Fans höherschlagen: Jan Lochbihler, Christoph Dürr und Fabio Wyrsch bezwangen im Bronze Medal Match die Franzosen mit beeindruckenden 51:39. Dies bedeutete die erste EM-Medaille im Teamwettkampf der Männer Gewehr 50m Dreistellung seit über vierzig Jahren.
Im Einzelwettbewerb waren aus Schweizer Sicht alle Augen auf Jan Lochbihler gerichtet, was den Druck für den Solothurner sicherlich nicht minderte: Für Lochbihler ging es um die letzte Chance, einen Quotenplatz für die Olympischen Spiele in Tokyo zu sichern – die Finalteilnahme war Pflicht. Am Ende fehlten fünf Punkte für den Finaleinzug. «Alles in allem zeigte Jan einen guten Wettkampf – aber dies reichte leider trotzdem nicht», so Daniel Burger, Leiter Bereich Spitzensport. «Das ist hart.» Neben Lochbihler zeigte Christoph Dürr seinen besten internationalen Wettkampf mit sehr guten 1176 Punkten was ihm den guten 12. Rang einbrachte.
Bei den Frauen musste sich Nina Christen nach einem tollen Qualifikations-Wettkampf mit1180 Punkten (Rang drei) nach dem Finale mit Leder begnügen.
Einen erfrischenden Auftritt zeigte Franziska Stark: Nach sehr guten Klassierungen bei den letzten Junioren-Titelwettkämpfen schaffte sie an ihrem ersten Titelwettkampf bei der Elite erneut den Finaleinzug. Der dabei ersehnte Quotenplatz war leider an diesem Tag noch in weiter Ferne, hierfür hätte sie gewinnen müssen. Dennoch zeigt der 7. Rang ihre positive Entwicklung und das grosse Potenzial der Ostschweizerin.
Juniorinnen 3x40
Ein starkes Zeichen für die Zukunft setzten die Juniorinnen Sandra Arnold, Marta Szabo und Jennifer Kocher mit dem Gewinn von Team-Silber im Dreistellungsmatch. Den Grundstein legten die Schweizerinnen durch eine hervorragende Leistung in den Medal Matches, die sie auf Rang 1 der Rangliste katapultierte. Im Gold Medal Match musste sich das Trio dann den starken Italienerinnen geschlagen geben.
Bereits im Einzelwettkampf qualifizierten sich Arnold und Kocher für das Finale der besten acht. Mit Rang sechs (Kocher) und Rang acht (Arnold) erzielten beide sehr gute Plätze an ihrem allerersten Outdoor-Titelwettkampf.
Pistole 25m Frauen
Bitter verlief die EM für Heidi Diethelm Gerber. Nachdem sie im Präzisionsteil mit der Sportpistole in der ersten Passe eine sechs einstecken musste, wog diese Hypothek bereits zu schwer für einen der vorderen Ränge. Am Ende klassierte sich die Thurgauerin an der letzten EM ihrer herausragenden Karriere auf dem 30. Schlussrang.
Nicht-Olympische Disziplinen
Gewehr 300m liegend Frauen
Gleich zum Auftakt der nicht-olympischen 300m-Disziplinen schossen sich die EM-Debütantinnen Muriel Züger und Anja Senti zu Gold und Bronze im Liegendmatch. Dementsprechend gross war die Freude bei Daniel Burger: «Bereits im Liegend-Teil in der Dreistellung Gewehr 50m hatte Muriel das Punktemaximum rausgeholt. Mit ihrem hervorragenden Auftritt 300m liegend und dem Gewinn von Gold zeigt sie, dass sie zu den besten Liegend-Schützinnen in Europa zählt.»
Auch Anja Senti zeigte eine hervorragende Leistung. Der Trainerstab sei im Vorfeld überzeugt gewesen, dass sie ganz vorne mitschiessen könne, so Burger. «Anja Senti ist ein aufgehender Stern am Schweizer Schiesssport-Himmel.»
Gewehr 300m 3x40 Frauen
Routinier Silvia Guignard wurde verdient Europameisterin in der Dreistellung 300m. Die Zürcherin zeigte insgesamt eine überzeugende Leitung, stark war sie insbesondere kniend und liegend. Einzig die Schwedin Elin Ahlin bot der Zürcherin lange Paroli. Die Entscheidung fiel stehend, als Guignard in der dritten Serie sieben Zähler mehr schoss und die Schwedin hinter sich liess.
Teamwettkampf Männer
Jan Lochbihler, Gilles Dufaux und Sandro Greuter holten sich souverän Gold im Teamwettkampf. In der ersten Qualifikationsrunde klassierten sie sich auf Rang drei. In der Q2 konnte das Schweizer Trio das Team aus Finnland deutlich schlagen und sicherte sich so den Einzug in den «Gold Medal Match». Hier verwiesen die Schweizer die klar favorisierte Mannschaft aus Österreich mit 46:38 auf den zweiten Rang.
Teamwettkampf Frauen
Zum Teamwettkampf der Frauen traten mit der Schweiz und Polen nur zwei Mannschaften an. Silvia Guignard, Muriel Züger und Anja Senti lieferten sich bis zum Schluss ein starkes Duell gegen die Osteuropäer. Erst im letzten Schuss konnten die Polinnen das Schweizer Team noch überholen. Die Schweiz unterliegt mit 44:46 und gewann Silber.
Mixed-Wettkampf
Zum Abschluss der EM dominierten die Schweizer noch einmal in ihrer Paradedisziplin und holten sich Gold und Silber im Mixed-Wettkampf der Dreistellung. Nach der Qualifikation um die Medal Matches führte Team Schweiz 2 mit Anja Senti und Gilles Dufaux vor Schweiz 1 mit Silvia Guignard und Jan Lochbihler. Im anschliessenden Gold Medal Match drehte Team Schweiz 1 den Spiess um: Lochbihler und Guignard verwiesen Dufaux und Senti in einem spannenden Duell mit 32:24 auf Rang zwei und holten sich die Goldmedaille.
Indoor-Wettkämpfe
Die 10m-Wettkämpfe verliefen aus Schweizer Sicht enttäuschend: Kein Elite-Schütze schaffte es in einen Final.
Mit dem Luftgewehr verpassten sowohl die Frauen wie die Männer den Finaleinzug. Dasselbe bei den Pistolenschützinnen- und Schützen: Heidi Diethelm Gerber konnte ihre EM-Silbermedaille aus dem vergangenen Jahr nicht verteidigen und klassierte sich auf Rang 19. Auch Jason Solari blieb mit der Luftpistole und Rang 35 deutlich unter den Erwartungen.
Auch im Team Mixed-Wettkampf, an dem Diethelm Gerber und Solari an der EM 2020 noch sensationell die Bronzemedaille gewonnen hatten, vermochten die beiden nicht um die vorderen Ränge mitzureden. Sie klassierten sich am Ende auf dem 26. Rang.