Schon um 4:40 Uhr waren die ersten Schützen und Festbesucher auf der Fähre von Luzern in Richtung Rütli. Viele wollten bereits um 7:30 Uhr auf der Rütliwiesen stehen – für sie ist dieses jährliche Schützenfest ein Highlight des Jahres. Sie sind eingefleischte Fans dieses Anlasses, der sich mehr als ein Symbol der Freiheit, des Friedens und des Patriotismus versteht, als ein traditionelles Schützenfest. Wie alle Jahre wurde jedoch auch dieses Jahr der Fest-Aspekt enorm zelebriert: Man lud wildfremde Menschen auf alkoholhaltige Getränke der Heimatregion ein, man sprach über das gemeinsame Hobby, man verglich die Schiessresultate und gab gleich nochmal einen aus, es wurde emotional über den Stand der Eidgenossenschaft diskutiert. Kurzum: Wie jedes Jahr war die Stimmung hervorragend, die Anwesenden zelebrierten die Geburt ihrer Heimat, auf die sie sichtlich stolz sind. Und da das Schiff das einzige Transportmittel auf das Rütli bildet, wurde jeder auf einen Wein oder Schnaps eingeladen, der sich im Umkreis von ein paar Metern um die zahlreichen Stände befand. «Das Tessinerhaus ist offen!», rief ein Schütze einer Tessiner Schiessgesellschaft in die Menge hinein. Der Wein floss in rauen Mengen aus den Fässchen, die Feuerplätze spendeten Wärme für die eher kälteren und/oder nassen Momente des 157. Rütlischiessen.
Und die gab es. Unter den Schützen der Rütlisektion munkelt man gerne, dass es immer dann regnet, wenn die Luzerner die Gastgeber geben – und sie behielten Recht, aber nur teilweise. Von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr war das Wetter den Rütlischützen und dem OK wohlgesinnt und spendierte der Festgemeinde einen Sonnenschein, wie man ihn im November selten sieht. Für die Besucher bei den Festbänken war dies ein Luxus – für die Schützen war das starke Gegenlicht vielleicht nicht ganz so von Vorteil.
Am Ende war der Luzerner Wetterfluch jedoch doch stärker, und so fing es pünktlich zu Beginn der Schützengemeinde zu regnen an. Die gut vorbereiteten Schützen und Festbesucher liessen sich davon jedoch nicht irritieren, und hörten gespannt den Festansprachen von OK-Präsident Renato Steffen und Paul Winiker, Luzerner Regierungsrat und OK-Präsident des ESF2020, zu. Und so endete nach zeremonieller Übergabe der Becher das Rütlischiessen 2019 – gefeiert wurde jedoch bis in den Abend hinein.
Das 157. Rütlischiessen bleibt aber auch noch aus einem anderen Grund in Erinnerung. Erstmals schoss ein Rütlischütze das Maximum von 90 Punkten. Dieses Kunststück gelang Pius Wyss aus Ennetmoos. Trotzdem ging er beim Absenden leer aus – auch das eine schöne Rütli-Tradition. Wer den Sektionsbecher, den Meisterbecher und die Bundesgabe bereits erhalten hat, darf den anderen applaudieren, erhält selber aber nichts. Doch natürlich gab es für das Husarenstück von Pius Wyss einen grossen Applaus, Jubelrufe und vor allem die Anerkennung der Schützengemeinde. (apa)