Am Tag X war Nina Christen (Wolfenschiessen NW) parat: Mit 627.6 Punkten zeigte sie eine starke Leistung, die mit Rang vier und der Finalqualifikation belohnt wurde. Auf die Qualifikationssiegerin Yulia Karimova (RUS) trennten sie 2.1 Zähler. Christen war den ganzen Wettkampf über auf Tuchfühlung mit der Spitze und zeigte eine insgesamt konstante Leistung. «Vor allem die Taktik heute stimmte», hielt Christen unmittelbar nach dem Wettkampf fest.
Dass sie grundsätzlich in herausragender Form ist, unterstrich die Nidwaldnerin Ende Februar 2019 mit dem sensationellen Gewinn der Gold-Medaille im Dreistellungsmatch am Weltcup in Neu-Delhi. «Für die Vorbereitung auf diesen Weltcup war ich in letzter Zeit primär im Training auf Kleinkaliber fokussiert», so Christen, «und Luftgewehr ist einfach etwas ganz anderes.» Der Sieg in Neu-Delhi sorge für Selbstvertrauen, nicht zuletzt der erreichte Quotenplatz für die Olympiade in Tokyio 2020 hätte Druck weggenommen – «aber das Ganze hat auch Kraft gekostet.» Umso mehr freue sie sich über ihre Leistung an dieser EM.
Die weiteren Schweizer Schützinnen waren Petra Lustenberger (Rothenburg LU) und Chiara Leone (Frick AG). Vor allem EM-Debütantin Leone zeigte mit einem Total von 620.1 Punkten (Rang 48) eine ansprechende Leistung und trug so ihren Teil zu der insgesamt guten Teamleistung der Frauen Luftgewehr bei. Lustenberger schoss 622.1 Punkte, was Rang 38 bedeutete. Die Rothenburgerin blieb damit weit unter ihren Möglichkeiten.
In der Teamwertung belegte die Schweiz mit einem Total von 1869.8 Zählern den sechsten Rang. Die drei Schützinnen qualifizierten sich so für den Final-Teamwettkampf, dessen Viertelfinal am Freitag, 22. März 2019 stattfinden wird. Der Einzelfinal mit Nina Christen geht am Samstag, 23. März um 11 Uhr über die Bühne.
Mehr als zufrieden zeigte sich Daniel Burger, Leiter Bereich Spitzensport beim SSV: «Das war eine starke Leistung von Nina Christen, auch Chiara Leone hat mich beeindruckt.» Besonders freue er sich ob der guten Teamklassierung. «Dass wir Top-Nationen wie Deutschland, Dänemark oder Norwegen hinter uns liessen, zeigt, dass wir hier auf einem guten Weg sind.»
Keine Finalchancen für Schweizer Luftgewehrmänner
Die Trauben im Wettbewerb der Männer Luftgewehr hingen an dieser EM – wie nicht anders zu erwarten – sehr hoch. 626.9 Ringe benötige man für die Finalqualifikation, 624.9 Punkte für die Top 20. Der Anspruch, dass einer der zwei Gewehrschützen letztgenannte Hürde schafft, durfte und musste dennoch Anspruch aus Schweizer Sicht sein. Christoph Dürr fehlten am Schluss 2.1 Punkte auf Rang 20, von Rang acht trennten den Ostschweizer 4.1 Zähler. Jan Lochbihler klassierte sich mit 619 Zählern abeschlagen auf dem 56. Rang.
Die Weltelite schoss in anderen Sphären: Die Qualifikation gewann der Russe Vladimir Maslennikov mit 630.9 geschossenen Ringen.
Pistole 10m: Steve Demierre schrammt am Finaleinzug vorbei
Das war definitiv nichts für schwache Nerven: Steve Demierre verpasste am Donnerstagmorgen nach einer starken Leistung mit der Luftpistole (578 Punkte) nur hauchdünn den Finaleinzug – drei Mouchen betrug die Differenz auf Rang acht.
Der Start verlief mit 94 Punkten noch verhalten, dann zeigte Steve Demierre, was in ihm steckt. Es folgten mit je 98 eine sehr gute zweite und dritte Passe. Gleich zu Beginn der vierten musste er dann eine 8 einstecken und erzielte 94 Punkte. In der fünften Serie schoss Demierre 96 Zähler, bis kurz vor Ende des Wettkampfs lag er auf Finalkurs. Erst die Neun im zweitletzten Schuss verwehrten dem Fribourger den Sprung unter die letzten acht Schützen. Am Schluss waren es bei einem Total von 578 Punkten drei Innenzehner, die ihn vor dem Türken Yusuf Dikec trennten.
«Es sind zwei Gefühle, die ihn mir jetzt vorherrschen», sagte Demierre unmittelbar nach Ende des Wettkampfs. «Ich bin stolz auf mich, gleichzeitig ist es natürlich sehr hart, dass ich nicht in den Final gekommen bin.»
Mit etwas zeitlichem Abstand jedoch überwog der Stolz: Er habe auf Grund mittelmässiger Resultate an den vergangenen internationalen Wettkämpfen an sich gezweifelt. «Heute habe ich mir gesagt, ich gebe alles und kämpfe. Es war letztendlich ein Sieg über mich selbst.»
Freude herrschte denn auch bei Daniel Burger: «Das war top von Steve. Diese Leistung wird hoffentlich auf das ganze Team ausstrahlen.»
Die Finalwettkämpfe der Männer Pistole wie überhaupt alle Einzelwettkämpfe werden am Samstag, 22. März 2019, über die Bühne gehen.
Heidi Diethelm Gerber verpasst finaleinzug
Am späteren Donnerstagnachmittag bestritten die Frauen den Einzelwettkampf mit der Luftpistole. Einmal mehr sollte Heidi Diethelm Gerber der langersehnte Einzug ins Finale einer Luftdruck-EM verwehrt bleiben. Die Thurgauerin startete fulminant mit je 96 in den ersten zwei Passen. Es folgte eine suboptimale Dritte (94), die sie umgehend wegsteckte, um in der vierten Passe erneut 96 Punkte zu schiessen – dabei erzielte sie sechs Zehner. In Passe fünf folgten 95 Punkte, in der letzten Serie schoss Diethelm Gerber sechs Neuner, was 94 Punkte ergab. Schliesslich klassierte sie sich mit einem Total von 571 Zählern auf dem 16. Schlussrang – vier Punkte fehlten auf Rang acht, den Olympiasiegerin Olena Kostevych belegte. Eine Hürde, welche Diethelm Gerber von ihrem Können her allemal zu stemmen vermag. Auch die 578 der erstplatzierten Ungarin Veronika Major sind für die Olympia-Bronzemedaillen-Gewinnerin an einem idealen Tag allemal machbar.
Die beiden weiteren Schweizer Schützinnen, Rebecca Villiger und Sandra Stark, kamen nicht in die Gänge: Villiger schoss 552 Punkte, was Rang 47 bedeutete, Stark klassierte sich mit 551 Zählern drei Ränge hinter ihrer Teamkollegin – dies bei einem Teilnehmerfeld von insgesamt 63 Athletinnen.
Logisch, dass bei Heidi Diethelm Gerber unmittelbar nach dem Wettbewerb die Enttäuschung offensichtlich war. Im Training laufe es sehr gut, im Wettkampf nicht. «Ich weiss, dass ich es kann, eventuell baue ich mir dann einen besonderen Druck auf», so Diethelm Gerber. Es gehe bei der «Lupi» um Fine-Tuning, Luftpistole sei wie die Formel 1, Sportpistole wäre mehr Ralley, verdeutlicht die Olympia-Medaillen-Bronzegewinnerin die grundverschiedenen Anforderungen, welche die beiden Disziplinen an die Schützen stellen. Heute hätten ihr vor allem die Innenzehner gefehlt. «Aber wer weiss, vielleicht klappt es demnächst endlich auch einmal mit der Luftpistole», meint Diethelm Gerber bestimmt.
Am Freitagmorgen, 22. März um 9.15 Uhr starten die drei Schützinnen in den Team-Viertelfinal: Gegner werden die starken Ungarinnen sein. (cpe)